
Coaching-orientierte Führung
Was ist Coaching-orientierte Führung?
Eine Coaching-orientierte Führung verwendet Coaching als Tool. Einzelne Aspekte aus dem Coaching werden aufgegriffen und in Gespräche integriert. Beispielsweise hilft das gezielte Stellen offener Fragen, das Gespräch lösungsorientiert zu gestalten. Die Problemstellung und die Mitarbeiterin stehen klar im Fokus. Dies ist auch bei einer expliziten Coaching-Sitzung der Fall. Allerdings sind hier zusätzlich die Rollen Coach und Coachee offiziell verteilt.
Ganz allgemein also hilft der Coach dem Coachee, sein Potenzial zu nutzen und zu entfalten. Dabei stellt der Coach gekonnt Fragen, um Gedanken und Ideen des Coachee viel tiefer zu verfolgen, als sie es alleine tun würde.
Wer ein gutes Verständnis von Coaching hat, kann sehr leicht einen Coaching-orientierten Führungsstil entwickeln. Hierbei geht es darum, Elemente aus dem Coaching in Gespräche einzubauen. Wer also Coaching als Tool in seiner Führung verwenden möchte, ist gut beraten, Coaching als separate Fähigkeit zu trainieren.
Im Folgenden schauen wir uns an,
- wie sich Coaching von Beratung und Mentoring unterscheidet
- wie du gutes Coaching erkennst
- welche Unterkategorien von Coaching es gibt
- und wie du Coaching ganz leicht lernen kannst
Mentoring, Beratung und Coaching – eine Abgrenzung
Beim Mentoring erzählt der Mentor dem Mentee von seinen eigenen Erfahrungen, die für diesen wiederum hilfreich sein könnten. Wer nicht alle Erfahrungen selbst machen will oder kann, profitiert also vom Mentoring. Die Erfahrungen und das Gelernte werden vom Mentee im Optimalfall direkt übernommen.
Bei der Beratung geht es darum, konkrete Anweisungen zu geben. Wenn ich zu einer Beratung gehe, will ich eine Lösung für mein Problem vorgelegt bekommen. Beratung hilft also, ein Problem einmalig zu lösen. Beim nächsten Problem brauche ich aber oft wieder eine Beratung. Die Beratung löst das Problem, lehrt mich aber oft nicht, das Problem selbst zu lösen.
Der Berater und der Mentor wissen also im Vorfeld, was nach einem Gespräch das Ergebnis sein wird. Ein Coach hingegen weiß nicht, was das Ergebnis eines Coaching sein wird. Hier geht es um die Fähigkeiten und das Potenzial des Coachee. Da der Coach den Coachee aber nicht in-und-auswendig kennt, kann er das Ergebnis nicht vorhersagen.
Wie unterscheide ich also Coaching von Beratung?
- An der Formulierung der Leistung. Hier werden einige Gegenbeispiele beschrieben:
- Ein Life-Coach berät zu Themen aus dem alltäglichen Leben. Es ist also eine Beratung, kein Coaching.
- Ein Business-Coach vermittelt Inhalte. Es handelt sich also um einen Lehrer, keinen Coach.
- Personal Coaching ist psychologische Beratung. Es ist also Beratung, kein Coaching.
- An der Abwesenheit von Weisungen oder Ideen des Coach. Wenn du schonmal ein Coaching hattest, wurde dir vom Coach zu etwas geraten? Hat der Coach potenzielle Lösungen dargestellt? Wenn ja, dann war es wohl doch eher eine Beratung als ein Coaching.
Es gibt zudem viele Coaches, die eine Mischung aus Coaching und Beratung praktizieren. Ich halte das für begrenzt sinnvoll. Jede Weisung ist eine vertane Chance für den Coachee, selbst zu denken und ihr Potenzial zu nutzen. Zugleich ist die Erfolgswahrscheinlichkeit geringer. Es ist ein fremder Gedanke. Und bekanntlich finden wir unsere eigenen Ideen und Gedanken viel besser und setzten diese auch eher um. Natürlich kann es sein, dass es dem Coachee an Wissen oder Inspiration mangelt. Aber selbst dann ist es viel effektiver, wenn der Coachee dies selbst erkennt und mich oder andere um Hilfe bittet, als wenn ich diese Hilfe ungefragt gebe.
Wird Coaching hingegen nur als Tool verwendet, ist eine Mischung natürlich vollkommen legitim. In einem Coaching-orientierten Führungsstil kann die Führungskraft Beratung, Mentoring und Coaching kombinieren. Hier ist allerdings auch nicht die Erwartung des Mitarbeiters, ein Coaching zu bekommen, sondern eben ein Gespräch mit der Chefin.
Coaching-orientierte Führung ist im Vergleich zu Top-Down Management oft effektiver. Die richtigen Fragen zu stellen und das Potenzial des Mitarbeiters zu nutzen schafft eine Win-Win Situation. Als Führungskraft musst du dir keine Gedanken mehr machen, was der Mitarbeiter tun soll. Du betreibst also kein Mikro-Management mehr. Als Mitarbeiter bist du zufriedener, weil du deine Ideen und Talente besser einsetzen kannst.
Was ist der Unterschied zwischen verschiedenen Arten von Coaching?
Bei gutem Coaching geht es darum, die richtigen Fragen zu stellen. Ein guter Coach lässt sich vollkommen auf ihr Gegenüber ein. Durch Fragen hilft sie dem Coachee, ihre Gedanken tiefer zu ergründen. Der Coachee setzt seine eigenen Ziele und bekommt Unterstützung, dafür seine eigenen Stärken zu nutzen.
Der Unterschied zwischen einem allgemeinen Coaching und einem spezifischen Coaching ist das Themengebiet der Fragestellung. Bei einem Business Coaching geht es wohl um Fragestellungen zur eigenen Karriere. Bei einem Effektivitäts-Coaching geht es wohl um die Steigerung der eigenen Effektivität. Unterkategorien des Coaching unterscheiden sich also insbesondere in der initialen Fragestellung. Je nach Spezialgebiet stellt der Coach unterschiedliche Fragen. Ein Beispiel: Mein Coachee möchte für sich herausfinden, was für sie ein erfüllender Beruf ist. Dann kann ich fragen, wie das optimale Büro beziehungsweise der Arbeitsplatz aussieht, wenn sie die Augen schließt.
Für unterschiedliche Coaching-Arten gibt es also Fragen, die besonders effektiv sind. Am Ende geht es aber darum, überhaupt Fragen zu stellen, gut zuzuhören und sich auf den Coachee einzulassen. Ich schätze, dass 90% der Skills generisch sind und nur der kleine Rest auf das jeweilige Gebiet zugeschnitten ist. Dementsprechend kann dir ein guter Coach auch bei jeder Fragestellung sehr gut weiterhelfen. Ein guter spezialisierter Coach kann dir auf seinem Spezialgebiet dann exzellent weiterhelfen. Gleichwohl kann eine fachfremde Führungskraft sehr gut sein, wenn sie eine sehr gute Coaching-orientierte Führung praktiziert.
Wie kann ich Coaching lernen?
Es gibt tausende Coaching-Ausbildungen, die oft viel Geld kosten. Wenn du ein Vollzeit Coach werden willst, ist das sicher ein guter Weg. Wenn du Coaching als Tool einsetzen willst, geht es vielleicht leichter und schneller. Auch wenn du dir noch nicht sicher bist, ob und wie du Coaching verwenden willst, kannst du klein starten.
Beim Coaching geht es primär ums Fragestellen und Zuhören. Und das sind zwei Fähigkeiten, die du ganz einfach mit einem Partner trainieren kannst. Folgende drei Übungen kannst du hierfür verwenden:
Übung 1
Stelle dir mit einer Partnerin gegenseitig Fragen. Auf eine Frage antwortest du auch wieder mit einer Frage. Die Fragen müssen nicht in Zusammenhang stehen. Achte lediglich darauf, nicht zu überlegen, sondern möglichst direkt mit einer Frage zu antworten. Mache dies für 5 Minuten.
Diese Übung trainiert vor allem, zuzuhören und die eigenen Gedanken zurückzustellen. Normalerweise fangen wir bei einer Frage sofort an zu denken und wollen eine Antwort geben. Beim Coaching geht es aber nicht um unsere Gedanken und Antworten, sondern die des Coachee. Daher ist es wichtig, nur zuzuhören, nicht aber darüber nachzudenken.
Übung 2
Wandle die erste Übung ein wenig ab. Versuche einerseits, offene Fragen zu stellen. Offene Fragen können nicht mit Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß beantwortet werden. Versuche andererseits, wenn irgend möglich, an das Thema der Frage deines Gegenüber anzuknüpfen. Vergesse dabei nicht, dass das schnelle Antworten ohne zu zögern immer noch der Hauptfokus sein sollte.
Das Stellen von offenen Fragen hilft, mehr Informationen vom Coachee zu bekommen. Das Anknüpfen an sein Thema trainiert, sich auf sein Gegenüber einzulassen und seinen Gedanken zu folgen.
Übung 3
Erzähle deinem Gegenüber kurz etwas. Zum Beispiel, was du heute seit dem Frühstück gemacht hast. Hier kannst du aber auch alles andere erzählen. Dein Gegenüber hört zu und erzählt dir dann, was du ihm gerade erzählt hast. Diese Übung kannst du auf verschiedene Arten durchführen. Entweder versuchst du, möglichst oft die exakt gleichen Worte zu verwenden, oder du versuchst, möglichst kein gleiches Wort zu verwenden. Oder für Fortgeschrittene: Versuche, “zwischen den Zeilen zu lesen” und Inhalte und Gefühle wiederzugeben, die nicht explizit genannt wurden.
Weiterführendes
Beim Coaching geht es viel um das Stellen der richtigen Fragen und das Zuhören. Diese Fähigkeiten, insbesondere das Zuhören, sind bekanntermaßen in sehr sehr vielen Lebensbereichen wichtig. Auch wenn du also nicht planst, Coaching explizit oder in einem Coaching-orientierten Führungsstil zu verwenden, kann es dir dennoch in jeder Beziehung und in jedem Gespräch helfen. Als Partnerin oder Elternteil kann sich deine Kommunikation durch Aufmerksamkeit beim Zuhören und gut gestellte Fragen drastisch verändern.